Die Synagoge von Neustadtgödens – ein Erinnerungort
Die politische Situation in der kleinen Herrlichkeit Gödens ließ für lange Zeit ein Klima entstehen, dass religiöse Toleranz zuließ und daraus wirtschaftlichen Erfolg zog. In kaum einem anderen Ort ist auf so dichtem Raum das Miteinander der verschiedensten Konfessionen und Religionen noch heute nachvollziehbar, für Nordwestdeutschland ist dies einzigartig. Davon zeugen die erhaltenen Gotteshäuser, also die mennonitische, reformierte, lutherische und katholische Kirche sowie die jüdische Synagoge.
Aufgrund der stark wachsenden jüdischen Gemeinde, die Mitte des 19. Jahrhunderts bis zu einem Viertel der Einwohner von Neustadtgödens ausmachte, wurde 1852/53 der Neubau einer Synagoge umgesetzt. Diese zeugt in ihrer Gestaltung von dem wachsenden Selbstbewusstsein und der Blüte der jüdischen Gemeinde. Der Bau im genannten „Rundbogenstil“ orientierte sich offenbar an einem ursprünglich von Karl Friedrich Schinkel (1781-1841) inspirierten Musterentwurf.
Durch den Ausbau Wilhelmshavens und die Umstrukturierungen in der Landwirtschaft in dieser Region verlor die jüdische Gemeinde ab 1900 immer mehr Mitglieder. Als dann ab 1933 die Repressalien gegen die Gemeinde deutlich stärker wurden und von Seiten der nationalsozialistischen lokalen Behörden „Baufälligkeit“ attestiert wurde, fand aufgrund dieses massiven Drucks schließlich im August 1936 ein Abschiedsgottesdienst in der Synagoge statt. Sie wurde schließlich im Frühjahr 1938 an einen Privatmann verkauft. Daher blieb der Synagogenbau während der Pogromnacht im November 1938 unversehrt, während die jüdische Bevölkerung Verhaftung und Erniedrigung ausgesetzt war.
Nach verschiedenen Nutzungen, u.a. auch als Feuerwehrhaus, konnte 1986 das Gebäude umfangreich renoviert und restauriert werden.
Nun befindet es sich in Privatbesitz, doch kann das Erdgeschoss ab Juli 2015 der Öffentlichkeit im Rahmen von Führungen durch Neustadtgödens wieder zugänglich sein.
Für die Synagoge gibt es – im Gegensatz zu anderen stark zerstörten jüdischen Gotteshäusern – gute, fundierte Rekonstruktionszeichnungen und sogar historische Außen- und Innenaufnahmen. So ist es möglich, über die Ausstattung und Möblierung der Synagoge zu informieren. Zudem ist ein spezieller Rundgang zur Geschichte der Synagoge und der jüdischen Gemeinde erarbeitet worden; Fächerübergreifende Projektwochen können Schüler und Schülerinnen an die Thematik heranführen.
Im Mittelpunkt der Präsentation steht die Geschichte der jüdischen Gemeinde und ihrer Synagoge vom Ende des 17. Jahrhunderts bis zur Deportation und Ermordung der letzten jüdischen Einwohner von Neustadtgödens 1941/2. Ein offenes Erinnerungsbuch gedenkt der jüdischen Bürger, die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft wurden.
Da für die Synagoge die Themen des jüdischen Glaubens und der religiösen Praxis, der Einrichtung und Architektur des Gotteshauses im Fokus stehen, ergänzt diese die bereits bestehende bzw. ebenfalls im Aufbau befindlichen Einrichtungen, wie das Gröschlerhaus in Jever, sehr gut. So kann die Synagoge in Neustadtgödens zu einem wichtigen Baustein im Konzept der Erinnerungsorte für den Landkreis Friesland werden.
Das Vorhaben wird in enger Kooperation mit der jüdischen Gemeinde Oldenburg weiter entwickelt. Zugleich wird eine Kooperation mit den weiterführenden Schulen im Landkreis Friesland und darüber hinaus aufgebaut.
Außerdem ist die Synagoge eng in das kulturtouristische Konzept der Gemeinde Sande, des Landkreises Friesland sowie der Oldenburgischen und Ostfriesischen Landschaft zu diesem Themenkomplex eingebunden.
Wir danken unseren Förderern:
Landkreis Friesland, Gemeinde Sande, Oldenburgische Landschaft, EWE Stiftung.
Informationen Gemeinde Sande: 04422-958835 Frau Ziffer.
Weitere Informationen: ↑ Landrichterhaus Neustadtgödens ↑.
Anfragen für Projekttage/wochen für Schulklassen: info@schlossmuseum.de.
Der virtuelle Rundgang macht die Geschichten, die sich hinter den Gebäuden und Plätzen verbergen, einem interessierten Publikum zugänglich. Somit kann jüdisches Leben in praktisch all seinen Facetten aufgearbeitet werden. Zudem gibt es im Umkreis von Neustadtgödens interessante Informationen über das Schloss in Gödens und das Grashaus in Horsten. Eine virtuelle Rekonstruktion der ehemaligen Synagoge stellt einen wichtigen Beitrag in der Dokumentation jüdischen Lebens in Neustadtgödens dar. Zudem ergänzen zwei Hörspiele die Bedeutung aber auch den Untergang dieser einzigartigen jüdischen Gemeinde.
Die App ist hier erhältlich:
Google Play: https://play.google.com/store/apps/details?id=com.reunion.Neustadtgoedens&gl=DE
Museum im Landrichterhaus Neustadtgödens
Brückstraße 19
26452 NeustadtgödensTel.: 04422 4199 oder 04422 9588 25
E-Mail: Landrichterhaus@sande.de
Homepage: www.neustadtgoedens.de
Öffnungszeiten
Jeden letzten Sonntag im Monat (von März bis Oktober), am Internationalen Museumstag, am Tag des Offenen Denkmals, sowie nach Vereinbarung
jeweils: 14:00 – 17:00 Uhr
Preise
Eintritt frei
Barrierefrei
Objekte